Was der neue T-Roc über VWs Zukunftsstrategie verrät

2017 etablierte VW ein weiteres SUV unterhalb des Tiguans. Eine hochbeinige Alternative zum Golf quasi. Und das Interesse? Schoss unmittelbar in die Höhe – selbst als Cabrio wurde er gekauft. Schnell etablierte sich der Kompakte als Nummer drei im Konzern. In Deutschland verdrängte der T-Roc 2024 sogar den Tiguan und übernahm Platz zwei hinter dem Golf.
Jetzt geht die bisherige Garantie zum Gelddrucken in die zweite Generation. Mit am Start ist ein neues Design, ein neuer Innenraum und eine neue Motorenpalette. Und noch etwas kann der neue VW T-Roc: Verdammt viel darüber verraten, wie VW seine Zukunft bestreiten will und was sich die Wolfsburger für die kommenden Jahre zu Herzen genommen haben. Denn im Konzern passiert gerade so einiges.
Bildergalerie: VW T-Roc (2025)








Sicher, wir haben die Nachrichten alle gelesen: Werksschließungen, Jobabbau und ein schrumpfender Gewinn, aber VW hat längst gegengesteuert und bringt den großen Wolfsburger Autoindustrie-Frachter gerade auf stabilen Kurs in Richtung "Volkswagen".
Versprechen gehalten
Einmal ist keinmal heißt es so schön. Doch wenn sich Auffälligkeiten häufen, gibt es zumeist ein strukturelles Problem. Und bei VW fiel irgendwann eben nicht nur die Verarbeitungs- und Materialqualität in verschiedenen, auch gestandenen Modellen wie dem Golf auf, da kam noch mehr. Frühe ID-Modelle kämpften mit Softwareproblemen, hochgezüchtete kleine TSI-Motoren gaben oftmals viel zu früh den Geist auf.
Die Folge: Enttäuschung und ein Vertrauensverlust in die Marke, die eigentlich für einen gewissen Qualitätsstandard und Standhaftigkeit bekannt war. Vertrauen zurückzugewinnen ist Fleißarbeit, vor allem, wenn einem dieses "Diesel-Gate" noch nachhängt. Probleme, die VW-Chef Thomas Schäfer 2022 selbst ansprach und Besserung gelobte.

VW T-Roc (2025)

Neuer Volkswagen T-Roc, Innenraum und Kofferraum
Und das scheint offenbar kein leeres PR-Gequatsche gewesen zu sein. Seit dem Golf 8.5 und folgenden neuen Modellen wie dem Tayron befindet sich VW wieder auf einem soliden Weg, was die Verarbeitungsqualität angeht. Die Kritik wurde nicht nur wahrgenommen, sondern auch umgesetzt.
Das zeigt zuletzt auch der neue T-Roc, der sich "materialtechnisch ziemlich gut" schlägt, wie unsere erste Sitzprobe zeigt. Physische Tasten sind zudem bereits am Lenkrad zurück – auch hier ist der Konzern auf Kritikpunkte eingegangen. Und das VW-Infotainment-Betriebssystem? Agiert inzwischen schnell, übersichtlich und vor allem zuverlässig.
Neue Antriebe als Wegbereiter
Ob auch die Motoren als Ausrutscher gewertet werden können, muss die Zeit zeigen. Jedoch geht VW in Sachen Antrieb ebenfalls neue Wege. Die neue Motorenpalette besteht komplett aus Mild- und Vollhybriden. Selbst ein Plug-in-Hybrid ist bisher nicht in Sicht. Hochgezüchtete Turbomotoren verschaffen sich in Kombination mit E-Antrieben Luft zum Atmen.
Im Zweifel muss nicht mehr das letzte bisschen Leistung auf dem letzten Mikrometer ausgereizt werden, um noch ein wenig mehr Leistung herauszuquetschen. Statt eines 1,0-Liter-Benziner bildet jetzt ein 1500er als Mild-Hybrid die Basis. Antriebe können vielmehr auf Effizienz getrimmt werden, zusätzliche Leistung und Drehmoment liefern E-Motoren. Das könnte zur Standfestigkeit beitragen.

VW T-Roc (2025)

VW T-Roc (2025)
Zudem zeigt sich VW mit dem T-Roc gänzlich im Übergang zur vollelektrischen Marke. Es gibt keine reinen Benziner mehr, der Diesel wurde komplett ausgemustert. Das wird vermutlich bei kommenden neuen Modellen ähnlich aussehen.
In Kombination mit der immer besser performenden ID-Reihe (In Deutschland belegte VW im 1. Halbjahr 2025 die Top 3 unter den BEVs: ID.7: 18.017, ID.4/5: 15.072, ID.3: 14.623 Neuzulassungen) kommen die Wolfsburger so den zukünftig vorgegebenen Flottenwerten näher – gerade mit den Voll-Hybriden. So könnte der T-Roc als sanfter Einstieg dienen, bis eventuell ein ID.2 X oder ein neuer ID. T-Roc in Zukunft das Zepter komplett übernimmt.
Mit Blick auf das Verbrenner-Verbot 2035 und die Laufzeit der ersten Baureihe, könnte das Zeitfenster so ausgenutzt werden, dass das Kompakt-SUV Anfang 2030 an einen vollelektrischen Nachfolger übergibt. Die zweite Generation wäre damit die letzte fossile-T-Roc-Art. Der Name ist inzwischen jedoch etabliert und vor allem erfolgreich. Und da VW zu klassischen Modellnamen zurückkehren will, scheint dies eine der wahrscheinlichsten Möglichkeiten.
Das letzte Verbrenner-Hurra könnte für den T-Roc dann die angekündigte Performance-Version R übernehmen – eventuell sogar noch einmal mit einem Fünfzylinder. Das Vorgehen beim kompakten Wolfsburger bestätigt ebenfalls Aussagen, dass VW an Performance-Modellen festhalten will und Namen wie GTI und R am Leben hält.
Vertrautes Gesicht und stabiler Preis
VW zeigt Vertrauen in das ID-Gesicht. Der neue T-Roc rückt mit seiner Front zwar näher an ID.3 und ID.4, wirkt insgesamt aber wie ein notwendiger Kompromiss, der wegen seiner sauerstoffbedürftigen Aggregate eine übermäßig große Gitterschürze benötigt.

VW T-Roc (2025)

VW iD.EVERY1
VW nimmt den Kompromiss gerne in Kauf, um die freundlich dreinblickende Front weiter zu etablieren. Auch Studien wie der ID.EVERY1 und der ID.2 zeigen, dass der Konzern unter Berücksichtigung von Aerodynamik nüchterne, eher klassische Formen forciert. Leicht verspielte Formgebungen an den Stoßstangen verschwinden langsam, wie sie die erste Generation des T-Roc noch getragen hat. Effizienz und freundliche, klare Linien sind in Zukunft gefragt – auch, um sich eventuell von noch weniger differenzierbaren stromlinienförmigen Einheitskarosserien abheben zu können.
Mit dem größeren Einstiegsmotor und einem Automatikgetriebe in der Basis hätte VW zudem die Preisschraube kräftig anheben können. Eine ähnliche Kombination kostete in der ersten Generation noch mindestens 35.120 Euro. Preise jenseits der 32.000 Euro wären also keine Überraschung gewesen. Aber der neue T-Roc steigt nur um 800 Euro auf 30.845 Euro. Damit bleibt der Abstand zur Premium-Schwester Audi genauso gewahrt, wie ein stabiler Preiseinstieg.
E-Modelle ab 20.000 und 25.000 Euro sollen in den nächsten beiden Jahren folgen. Der neue T-Roc bestätigt in vielen Bereichen, dass Volkswagen in Zukunft nicht nur gerne wieder als Volkswagen wahrgenommen werden würde, sondern damit auch für Qualität und Zugänglichkeit bereitstehen will. Zudem scheint der Konzern, ganz im Gegenteil zu anderen, überzeugt davon, den Schritt in die E-Mobilität zu schaffen. Davon zeugen Anpassungen in den Antrieben und im Design.
Hoffen wir, dass unsere Analysen richtig sind. Das würde nicht nur einem in Deutschland ansässigen Weltunternehmen gut tun, sondern auch unserer lokalen Wirtschaft.