22/09/2025 · vor 3 Tagen

Horse Powertrain: CEO im Interview zur Verbrenner-Zukunft

Horse Powertrain hat auf dem IAA Summit 2025 seine nächste Generation an Hybrid- und Verbrennungstechnologien vorgestellt. Das Unternehmen ist ein globaler Anbieter von Antriebssystemen und beliefert Hersteller wie Renault, Geely, Volvo, Proton, Nissan und Mitsubishi. 

Der Hauptsitz befindet sich in London, weltweit betreibt Horse Powertrain 17 Werke und 5 Entwicklungszentren. Insgesamt arbeiten rund 19.000 Beschäftigte für das Unternehmen. Die Renault Group und Geely halten jeweils 45 Prozent der Anteile, Aramco ist mit 10 Prozent beteiligt.

Bildergalerie: Horse Powertrain auf der IAA Mobility 2025

Horse Powertrain auf der IAA Mobility 2025
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Zentrales Highlight war die Premiere des Horse C15, einer neuen Familie kompakter Range-Extender-Systeme. Motor, Generator und Kühlung sind in einem kofferförmigen Gehäuse untergebracht. Mit 480 x 490 x 250 Millimetern ist die Einheit sehr kompakt und flexibel horizontal oder vertikal einbaubar.

Die Basis bildet ein 1,5-Liter-Vierzylinder. Für Fahrzeuge des B- und C-Segments gibt es eine Saugerversion mit 70 kW, für größere Modelle mit Turbolader bis zu 120 kW. Der C15 ist mit Benzin, Ethanol-, Methanol- und synthetischen Kraftstoffen kompatibel.

Horse C15 Range Extender

Horse C15 Range Extender

Ein weiterer Schwerpunkt war das Future Hybrid System, das erstmals auf der Auto Shanghai gezeigt wurde. Es vereint Motor, Getriebe, Elektromotor und Leistungselektronik in einem einzigen System. Damit lassen sich batterieelektrische Fahrzeuge ohne große Anpassungen in Hybrid-, Plug-in-Hybrid- oder Range-Extended-Modelle umbauen.

Horse präsentierte zwei Ausführungen: eine 740 mm breite Performance-Variante mit zwei Motoren (P1+P3) und eine 650 mm breite Ultra-Compact-Version mit einem Motor (P2). Beide nutzen einen 1,5-Liter-Vierzylinder und ein spezielles Hybridgetriebe.

Ebenfalls neu ist das Horse 4DHT120, eine "5-in-1"-Einheit mit E-Motor, Hybrid-Startergenerator, Leistungselektronikbox, DC/DC-Wandler und Getriebe. Mit 80 kW Dauerleistung, 140 kW Spitzenleistung und 300 Nm Drehmoment ermöglicht es effiziente Hybridlösungen bei kompakter Bauweise.

Bildergalerie: Horse Powertrain stellt neues Hybrid-Motorkonzept vor

Horse Powertrain stellt neues Hybrid-Motorkonzept vor
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Neuer Wasserstoff-Verbrenner

Im Bereich alternativer Kraftstoffe stellte Horse den M20 Hydrogen vor. Er basiert auf einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Dieselmotor und leistet bis zu 90 kW bei 300 Nm. Der Motor erfüllt Euro-7-Standards und stößt weniger als ein Gramm CO₂ pro Kilometer aus. Möglich macht dies ein neues Direkteinspritzungs- und Zündsystem mit optimierter Brennkammer. Das Verdichtungsverhältnis liegt bei 10:1, die Wasserstoffausnutzung bei 94,3 Prozent – ein Wert vergleichbar mit Brennstoffzellen, jedoch ohne seltene Rohstoffe.

Für Hybridanwendungen wurde der B15-Motor vorgestellt. Der 1,5-Liter-Benziner erreicht 41,7 Prozent thermischen Wirkungsgrad, bis zu 120 kW Leistung und 255 Nm Drehmoment. Ergänzt wird er durch das 3DHT160-Getriebe in P1+P3-Anordnung, das schnelle Reaktionen und hohe Effizienz ermöglicht. Das Getriebe wiegt lediglich 138 Kilogramm.

Spezielle Komponenten

Darüber hinaus präsentierte Horse neue Komponenten: Das zusammen mit Aramco entwickelte Turbulent Jet Ignition (TJI) ersetzt die Zündkerze durch eine Vorkammerzündung. Tests mit einem 1,8-Liter-Motor ergaben fünf Prozent weniger WLTP-Emissionen. Die Serienfertigung ist für 2029 geplant.

Der neue GaN-Hochleistungsgenerator nutzt Galliumnitrid-Chips, ist 20 Prozent kürzer als vergleichbare Systeme, erreicht 95 Prozent Wirkungsgrad und liefert 50 kW bei 4.500 U/min. Schließlich wurde ein amorpher Motor gezeigt, der ultradünnen amorphen Stahl nutzt, Eisenverluste halbiert und mit 98,2 Prozent Wirkungsgrad, 140 kW Leistung und 360 Nm Drehmoment Maßstäbe setzt.

CEO Matias Giannini im Interview

Mit diesen Entwicklungen unterstreicht Horse Powertrain seine Ambitionen, als Systemanbieter eine breite Palette an Lösungen für Hybrid- und Verbrennungsantriebe bereitzustellen und den Übergang zu emissionsärmeren Antrieben zu unterstützen. Vor Ort sprachen wir mit Matias Giannini, dem CEO von Horse Powertrain. Obwohl Chef einer Firma für Verbrennungsmotoren, ist er nicht grundsätzlich gegen das Thema Elektro eingestellt. Hier seine wichtigsten Aussagen:

"Ich war im vergangenen Jahr auf der Paris Motor Show und habe dort einen deutlichen Wandel im Denken erkannt. Die Industrie, besonders in Europa, versteht zunehmend, dass wir handeln müssen, um neue Technologien und konkrete Produkte auf den Markt zu bringen. Es braucht mehr Alternativen, doch nicht jeder Hersteller kann alles gleichzeitig tun. Wenn jeder versucht, alles abzudecken, kommt niemand voran. Das zeigt sich besonders in Deutschland: Volumen brechen weg, Gewinne fehlen, Werke werden geschlossen, Mitarbeiter entlassen. Gleichzeitig bleibt die politische Unterstützung aus, sodass Investitionen weiter erschwert werden."

"Dabei ist das Ziel klar: Netto-Null, Dekarbonisierung, Zusammenarbeit mit Regierungen. Aber der Weg dorthin ist nicht einheitlich. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass verschiedene alternative Technologien nötig sind. Daraus ergibt sich für die OEMs die Frage: Mit wem arbeitet man zusammen? Selbst können sie vieles leisten, aber Partnerschaften sind oft effizienter. Genau darin liegt unser Auftrag und unsere Vision: Mobilität für alle neu zu denken."

Giannini zur Elektromobilität

"Ich stehe voll hinter der EV-Strategie und unterstütze sie ausdrücklich. Doch selbst im Jahr 2040 werden noch mehr als die Hälfte der Neufahrzeuge einen Verbrennungsmotor enthalten. Unsere Aufgabe ist, die Komplexität für die OEMs zu verringern und ihnen zu ermöglichen, sich auf ihre Schwerpunkte zu konzentrieren. Es geht nicht darum, bestehende Kompetenzen zu verdrängen, sondern gezielt Lücken zu schließen – sei es bei Technologien oder in bestimmten Regionen."

Das Beispiel Spanien

"Werke in Valladolid, Sevilla und anderen Standorten sind für uns von großer Bedeutung. Dort bauen wir etwa den 1,2-Liter-Hybridmotor für die Renault Group mit einer Jahresproduktion von über einer Million Einheiten. Wir investieren weiter, pflegen die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und schätzen den Standort hoch ein. Spanien wird für uns auch in Zukunft wichtig bleiben."

Giannini zum Range-Extender

"Ich glaube an unterschiedliche Lösungen je nach Region. Meine Vision ist, dass OEMs künftige Fahrzeuge primär als BEVs planen können, ohne sich zwischen mehreren Plattformen entscheiden zu müssen. Heute entstehen unnötige Kosten und Komplexität durch Multi-Energie-Plattformen. Mit modularen Lösungen – BEV mit optionalem Range-Extender oder Hybrid – lässt sich die Flexibilität erhalten, ohne parallele Strukturen aufzubauen. Das reduziert Risiko und Investitionsdruck für OEMs."

Zur Bedeutung von Horse Powertrain

"Unsere Produkte sind nicht bloß theoretische Konzepte. Wir produzieren jährlich über 8 Millionen E-Motoren und sind der drittgrößte Powertrain-Hersteller weltweit. Schon heute decken wir rund 80 % der Marktbedürfnisse ab. Zukünftige Produkte entwickeln wir modular und so weit wie möglich im Plug-and-Play-Ansatz, um die Integration zu erleichtern. Das senkt die Aufwände für OEMs erheblich."

Zum Thema Diesel

"Er bleibt in Nischen relevant, wird aber langfristig weiter zurückgehen. Wir unterstützen Kunden dort, wo sie uns brauchen, sehen aber keine langfristige Zukunft im Diesel."

Zur EU-Regulierung 2035

"Ich kann nicht vorhersagen, ob die Pläne geändert werden. Ich hoffe jedoch, dass die Politik technologieoffener wird. Die Mission – Dekarbonisierung – ist unstrittig. Doch die Fehler lagen darin, dass Politik nicht nur Ziele vorgab, sondern auch bestimmte Technologien festschrieb. Sinnvoll wäre es, ambitionierte, aber realistische Ziele zu setzen und der Industrie zu vertrauen, die Lösungen zu entwickeln. Technologie ist dabei der Schlüssel, um die Vorgaben zu erreichen."

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