1990: Die Auto-Neuheiten des Einheits-Jahres

Es ist ein turbulentes Jahr voller weltgeschichtlicher und gesellschaftlicher Umwälzungen: 1990 sieht die Währungsunion, den Fußball-WM-Titel der deutschen Mannschaft und schließlich als Höhepunkt die friedliche Einheit von Bundesrepublik und DDR. 35 Jahre sind seither vergangen.
Für uns Grund genug, auf einige der wichtigen Neuheiten von 1990 zurückzublicken. Der billigste VW Golf CL 1.3 kostete damals 18.145 DM, teuerster Neuwagen war der Ferrari F40 für 500.000 Mark.
Audi 100 (C4)

Audi 100 C4 (1990-1994)
Vom 12. bis zum 24. November 1990 findet die Pressevorstellung des neuen Audi 100 ganz bürgerlich in Düsseldorf statt. Auch eine Messepremiere erlebt die Limousine der intern C4 genannten Baureihe nicht: Order von ganz oben in Gestalt von Volkswagen-Konzernchef Carl H. Hahn. Man möge doch bitte ein Auto erst dann präsentieren, wenn die Serie angelaufen sei.
Im ersten halben Jahr nach dem Marktstart am 7. Dezember 1990 fertigt Audi bereits gut 80.000 Einheiten der 100 Limousine. Im Herbst 1991 ergänzte ein neuer 100 Avant das Programm, der nun deutlich mehr nach Kombi aussieht als sein Vorgänger.
BMW 3er (E36)

BMW 3er Limousine (E36)
Eine wichtige Neuheit kann auch BMW im Jahr 1990 präsentieren. Die 3er-Reihe mit dem internen Code E36 teilt das Schicksal vieler Youngtimer aus den 1990er-Jahren: Bei ihrer Vorstellung schockiert sie manch BMW-Puristen mit zu modernem Design. Und heute wirkt der E36 kaum wie ein Oldtimer.
Ob der Tatsache, dass man den E36 immer noch oft im Straßenverkehr sieht, geraten seine Verdienste fast in Vergessenheit: Sein Design prägt viele 3er nach ihm und kann zugleich als Inspiration für den 7er (E38) und den 5er (E39) gelten. Auch die Tatsache, dass es nie ein massives Facelift gibt, spricht für die Zeitlosigkeit des Entwurfs.
Letzter Citroën 2CV

Letzter Citroen 2CV läuft am 27. Juli 1990 vom Band
Ende für die Ente: Am 27. Juli 1990 um 16:30 Uhr läuft der letzte Citroën 2CV vom Band. Damit endet im portugiesischen Mangualde eine Erfolgsstory, die 1948 auf dem Pariser Automobilsalon begann. Bis 1990 wurden mehr als 5,1 Millionen Fahrzeuge (inklusive Kastenwagen) verkauft.
Fiat Tempra

Fiat Tempra (1990-1996)
Wer kennt heute noch den Fiat Tempra? Ähnlich wie beim VW Vento. Dort der "Golf mit Stufenheck", hier der "Tipo mit Stufenheck". Ganz egal, wie sehr sich der Designer bemüht hat. In diesem Fall sogar der jüngst verstorbene Ercole Spada, der zeitgleich auch den technisch eng verwandten Lancia Dedra entwarf.
Die 4,35 Meter lange Limousine des Tempra wird erstmals im Februar 1990 auf dem Genfer Automobilsalon vorgestellt; der Kombi (vermarktet als "Tempra SW") kommt im März 1991 auf den Markt. Die Preise beginnen damals zum Marktstart bei 21.990 DM für das Basismodell, 2.000 Mark mehr verlangt Fiat für das SX-Modell mit dem spacigen Digitalcockpit.
Ford Escort

Ford Escort (1990)
Nach zehn Jahren und einem zaghaften Facelift wird der Escort MK4 1990 endlich von einem Nachfolger abgelöst. Vorbei die Zeit, in der seine eckige Karosserieform noch an Zeiten von Taunus und Granada erinnert. "Das Diktat des Windkanals hat alle Escorttypischen Ecken und Kanten weggebügelt", schreibt der ADAC.
Ford-Deutschland-Chef John Hardiman damals: "Ich wünsche mir, dass es hier wieder zu einem richtigen Dreikampf der deutschen Großserienhersteller kommt" – eine Kampfansage an VW Golf und Opel Kadett. Zwar läuft der letzte Escort noch als Escort Classic bis ins Jahr 2000 weiter, lange hält er seine ursprüngliche Form jedoch nicht bei. Schon 1993 werden Frontpartie und Heck überarbeitet.
Lamborghini Diablo

Lamborghini Diablo (1990-2001)
Eines der legendärsten Fahrzeuge in der Geschichte der Supersportwagen ist zweifellos der Lamborghini Diablo, der im Januar 1990 auf den Markt kommt. Die Geschichte des Diablo beginnt 1985 unter dem Codenamen Progetto 132. Ziel dieses Projekts ist es, einen Nachfolger für den Countach, das damalige Spitzenmodell der Lamborghini-Produktpalette, zu entwickeln.
Die klare und aggressive Linienführung wird von Marcello Gandini entworfen und später vom Designerteam von Chrysler – mittlerweile Mehrheitsaktionär von Automobili Lamborghini – teilweise überarbeitet. Der Diablo erobert die Herzen der Lamborghini-Fans von Anfang an. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 325 km/h gilt er damals offiziell als das schnellste Serienfahrzeug der Welt.
Mazda MX-5

Mazda MX-5 NA
Obwohl bereits schon im Februar 1989 in den USA erstmals präsentiert, kommt der Mazda MX-5 in Europa erst im Mai 1990 auf den Markt. Das für Deutschland bestimmte Kontingent ist in nur drei Tagen ausverkauft. Gut 431.000 Exemplare der ersten Generation des Roadsters werden bis 1998 gebaut.
Nissan Primera

Nissan Primera (1990-1997)
Heutzutage gibt es die Mittelklasse im eigentlichen Sinne nicht mehr. Alles ist SUV und/oder Crossover. Doch noch in den 1990er-Jahren hat praktisch jeder große Autohersteller noch eine Mittelklasse-Baureihe im Programm. Häufig als Limousine, Schrägheck und Kombi.
Der 4,40 Meter lange Primera wird als erstes Modell von Nissan gezielt für den europäischen Markt entwickelt und produziert. Er debütiert im Oktober 1990 auf dem Pariser Autosalon und kommt schon Ende des Monats in Deutschland auf den Markt.
Renault Clio

Renault Clio I
Der Clio tritt 1990 in die Fußstapfen des Renault 5, mit über neun Millionen Exemplaren eines der erfolgreichsten Fahrzeuge in der Geschichte von Renault und schon zu Produktionszeiten ein Kultfahrzeug. Die Namensgeberin kommt aus der griechischen Mythologie: Clio, auf Deutsch „die Rühmende”, ist die Muse der Geschichtsschreibung. Kaum auf dem Markt, wird der Clio zum „Auto des Jahres 1991” gewählt. Als 1998 die Produktion ausläuft, haben 4.087.513 Exemplare die Werkhallen verlassen.
Toyota Previa

Toyota Previa (1990-1999)
Die erste Generation des Toyota Previa, die 1987 von dem Toyota-Designer Tokuo Fukuichi und dem Calty-Designer David Doyle entworfen wurde, wird am 27. Januar 1990 vorgestellt und hat nur eine seitliche Schiebetür für die Fondpassagiere.
Der rundliche Van verfügt über eine Plattform mit Mittelmotor, bei der der Reihenvierzylinder-Benzinmotor fast flach unter den Vordersitzen eingebaut ist. Dazu gesellt sich ein Hinterradantrieb. Preislich liegt der 4,75 Meter lange Previa damals bei 43.160 DM. Zum Vergleich: Schon der billigste Renault Espace mit 107 PS kostet mindestens 42.750 Mark.
Toyota MR2 (W20)

Toyota MR2 (W20, 1990-1999)
Die Automobilhistorie kennt manches mutige Mittelmotorkonzept, aber der in drei Generationen gebaute Toyota MR2 durfte seine ganz eigene Geschichte schreiben: Mit über 320.000 verkauften Einheiten gilt der MR2 als meistverkaufter asiatischer Mittelmotor-Zweisitzer. Einen entscheidenden Beitrag zu dieser Erfolgsstory leistet die zweite Serie mit dem Baureihencode W20, von der ab 1989 über 130.000 Einheiten gebaut werden.
Tatsächlich steht der im Juli 1990 auch in Deutschland lancierte zweisitzige Toyota MR2, von seinen Fans weiterhin liebevoll "Mister Two" genannt, für einen neuen Traum vom sportlichen Fahren. MR2-Chefdesigner Kunihiro Uchida wählte für den im Windkanal geglätteten Wagen weichere Formen ohne scharfe Ecken und Kanten.
Trabant 1.1

Trabant 1.1 by Vilner Garage
Mitte der 1980er Jahre beginnt in Zwickau die Entwicklung eines neuen Trabant. Nach Lizenzkauf von Volkswagen erhält der Trabant 1.1 den 1,1-Liter-Viertaktmotor (EA111), produziert im Barkas-Werk. Aufgrund der hohen Kosten für den Motor und ein neues Getriebe wird die Karosserie weitgehend vom 601 übernommen. Technisch ist es jedoch ein neues Auto: verstärkter Vorderwagen, neues Fahrwerk mit MacPherson-Federbeinen, Scheibenbremsen vorn und Schraubenfedern hinten.
1988/89 entstehen Vorserienfahrzeuge, ab 1990 läuft die Serienfertigung parallel zum VW Polo in Mosel. Mit der DM-Einführung bricht die Nachfrage ein, der Trabant 1.1 wird zum Verlierer der Einheit. Bis April 1991 werden 39.474 Fahrzeuge gebaut, dann endet die Trabant-Produktion endgültig.
VW Polo 2F

Der erste Golf aus Zwickau wurde am 15.02.1991 parallel zum 5.000. Polo gefertigt
Zum Glück geht die Automobilproduktion in Zwickau weiter, genauer gesagt in Mosel: Nach der Wende kehrt Volkswagen im Jahr 1990 mit der Gründung der Volkswagen Sachsen GmbH in die Region zurück. In den in Mosel neuerbauten Montagehallen der damaligen Sachsenring Werke laufen parallel Trabant und der erste in Mosel montierte Volkswagen Polo vom Montageband.
Im Oktober 1990 erhält der Polo ein großes Facelift mit neuem Armaturenbrett, höherem Radioschacht, Drehreglern für Heizung und Lüftung, neu gestalteten Instrumenten sowie neuen Lenkrädern, vollverkleideten Türen und hinteren Seitenwänden, Lenkstockhebeln und erstmals zwei vorderen Lautsprecherschächten.
Im Beisein von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und Prof. Carl Hahn, dem Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen, wird am 26. September 1990 der Grundstein für ein neues Automobilwerk gelegt, konzipiert für die Produktion des Volkswagen Golf. Volkswagen investiert dafür anfänglich einen Betrag von vier Milliarden DM. Am 15. Februar 1991 wird der erste Golf aus Mosel fertiggestellt.
VW Golf Country

VW Golf Country
Eine Frühform des SUV? Der VW Golf Country wird 1990 vorgestellt und ist eine spezielle, geländetaugliche Variante des Golf II. Entwickelt wird er zusammen mit Steyr-Daimler-Puch, die bereits den Syncro-Allradantrieb für VW liefern. Kernmerkmal ist der permanente Allradantrieb mit Visco-Kupplung, kombiniert mit einem um 12 cm höheren Fahrwerk, verstärkten Stoßdämpfern und Unterfahrschutz.
Die Karosserie erhält verbreiterte Kotflügel, Kunststoffstoßstangen, vergrößerte Räder und spezielle Country-Embleme. Die Produktion ist sehr limitiert: Nur rund 7.000 Exemplare werden gebaut, hauptsächlich für den deutschen Markt. Kostenpunkt: mindestens 32.275 DM.
VW Golf Fire and Ice

Volkswagen Golf II Fire and Ice
Der "Fire and Ice" ist gewissermaßen die Krönung der an Sondermodellen gewiss nicht armen Geschichte des VW Golf II. Im Herbst 1990 stellt Volkswagen das Sondermodell Golf II "Fire and Ice" vor – erhältlich nur im Modelljahr 1991, auf Basis des GTI-Modells. Die Namensgebung erfolgt in Anlehnung an den Film "Feuer, Eis & Dynamit" von Willy Bogner junior, mit Roger Moore in der Hauptrolle.
Äußerlich folgt der Fire and Ice der sportlichen GTI-Linie und dem Golf-II-Facelift von 1989: breite Schweller, Radlaufverbreiterungen, schmale Zierleisten, teillackierte Stoßfänger, lackierte Außenspiegel – sowie eine Karosserie im kultigen Dark Violet Perleffekt (Farbcode LC4V). Am 19. Oktober 1990 läuft die Einführung in Deutschland an; insgesamt entstehen etwa 2.500 Fahrzeuge, davon rund 2.000 mit dem 90-PS-Vierzylinder.
VW T4

VW T4 Multivan Allstar (1994)
Im August 1990 erlebt die Transporter-Welt mit dem Debüt des Volkswagen T4 eine technische Revolution: Nach 40 Jahren und drei Generationen heckgetriebener Bulli mit Vierzylinder-Boxermotoren dreht Volkswagen Nutzfahrzeuge das Konzept um. Ab jetzt sitzt der Motor vorn und treibt die Vorderachse an.
Mit dem Wechsel auf Frontantrieb ändert sich alles: das Design, das Fahrwerk, die Motoren und das Raumangebot. Vor allem im Heck, wo beim T3 noch der Boxermotor einiges an Volumen einnahm, steht nun deutlich mehr Platz zur Verfügung. Ein bisschen davon beanspruchen die neue Schräglenkerhinterachse und der optionale syncro-Allradantrieb, der Rest kommt voll dem Laderaum zugute.
Source: 1990: Die Auto-Neuheiten des Einheits-Jahres