Miura – Brasiliens Traum vom eigenen Sportwagen

Kennen Sie Miura? Klar, der berühmte Lamborghini. Doch es gab noch einen Miura. Als Name einer Automarke in Brasilien. 1966 gründeten Aldo Besson und Itelmar Gobbi in Porto Alegre das Unternehmen Aldo Auto Capas, das Innenausstattungen für Autos fertigte.
Mitte der 1970er-Jahre erkannten die beiden, dass die hohen Zölle auf Importe Platz für einen nationalen Sportwagen schufen: europäisches Design und Komfort, kombiniert mit einfacher, günstiger Technik. 1976 verbot die Militärregierung unter Ernesto Geisel die Einfuhr von Autos endgültig. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten Besson und Gobbi bereits am Miura – dem ersten Serienfahrzeug aus Rio Grande do Sul.
Bildergalerie: Automobilgeschichte: Miura aus Brasilien








Die Karosserie aus GFK entwarf Designer Nilo Laschuk, inspiriert von italienischen Studios der späten 1960er-Jahre. Keilförmige Front, steil geneigte Windschutzscheibe, hochgezogenes Heck und Klappscheinwerfer erinnerten an Lamborghini Urraco oder Maserati Boomerang, hatten aber zugleich Eigenständigkeit.
Die Technik basierte auf dem VW Brasília: 1,6-Liter-Boxermotor, 54 PS, 0–100 km/h in 25 Sekunden, Spitze 135 km/h. Statt das Chassis zu verkürzen, wurden Sitze und Bedienelemente nach hinten versetzt, das Pedalwerk war verstellbar – eine Seltenheit damals. 1977 ging der Miura offiziell an den Start.
Der Sportwagen wurde auf den Namen Miura getauft, inspiriert von den flinken spanischen Stieren und natürlich auch eine Anspielung auf den italienischen Mythos Lamborghini Miura (1966-1973).

Miura Sport 1977

Miura Sport 1977

Innen überzeugte der Sportwagen mit Komfort-Extras, die in Brasilien außergewöhnlich waren: verstellbares Lenkrad, elektrische Fensterheber, optional Klimaanlage. Auffällig war das futuristisch anmutende Instrumentenbrett mit drei Modulen – ein Hauch De Tomaso Pantera. Trotz geringer Höhe war der Einstieg komfortabel.
Der Preis war hoch: 1977 kostete der Miura 128.500 Cruzeiros – mehr als ein Alfa Romeo 2300. Dennoch verkaufte sich das Modell gut und wurde zu einem Statussymbol. 1978 folgte der Miura MTS mit wassergekühltem Passat-Motor, später weitere Varianten wie Targa, Spider, Saga, 787, X8 oder X-11.
Besonders in den 1980er-Jahren fiel die Marke durch ungewöhnliche Technik auf: Bordcomputer mit Sprachausgabe, Tempomat, elektrische Sitze, automatisch abblendende Spiegel – und sogar Neon-Leuchten in den Stoßfängern.
Bis 1992 entstanden rund 3.500 Fahrzeuge, einige wurden exportiert, etwa nach Deutschland, Portugal oder Südafrika. Nach dem Ende des Importstopps brach die Nachfrage nach heimischen Sportwagen ein, die Produktion lief 1995 endgültig aus. Aldo Besson starb 2011, Itelmar Gobbi 2020.
Heute halten Clubs und Enthusiasten die Erinnerung an Miura wach – eine Marke, die zeigte, dass auch in Brasilien Visionen von italienischem Design und moderner Technik Realität werden konnten.